Historie
Dorf und Gemeinde Wiebelskirchen
Wann wurde Wiebelskirchen zum ersten Mal erwähnt
und wie entwickelte es sich?
und wie entwickelte es sich?
Wenn Wiebelskirchen in diesem Jahr die 1250-Jahr-Feier begeht, so wird dabei an die erste Urkunde vom 11. Mai 765 gedacht, in der unser Dorf das erste Mal urkundlich erwähnt wird. Hinsichtlich ihrer Datierung und ihres Bezuges auf Wiebelskirchen gab es zuerst in der Literatur Unklarheiten. Deshalb soll sie hier nochmals abgedruckt, übersetzt und besprochen werden.
Eine Fotokopie der Urkunde wurde uns vor einigen Jahren vom Staatsarchiv Marburg zur Verfügung gestellt. Anhand der Abbildung ist klar zu erkennen, dass die Urkunde nicht mehr im Original von 765 erhalten ist, sondern dass es sich dabei um eine Abschrift aus einem Urkundenbuch handelt, in dem die Ländereien des Klosters Fulda aufgezählt sind. Sie beginnt oben in der vierten Zeile neben der Zahl XXIII mit der Begrüßungsformel: „Venerabili in Christo patri Sturmione albati“. Die Niederschrift in so genannten karolingischen Minuskeln reicht bis zum Schluss der Seite. In gekürzter freier Übersetzung lautet der Text der Urkunde:
„Unserem ehrwürdigen Vater in Christus, Abt Sturmius.
Ich Eggiolt, an das Seelenheil meines Bruders Hiltwin denkend, schenke und übertrage
und will, dass vom gegenwärtigen Tage an für immer übertragen sei an das Kloster des
hl. Erlösers, das Fulda genannt wird, und dem du zu gegenwärtiger Zeit als Abt vorstehst:
Im Landgut Buchsolare (Randvermerk aus dem 11. Jahrhundert: Buchrol) im Wormsgau
zwei Höfe mit Häusern und den dort liegenden Ländereien sowie Weinberge, Wiesen und
Wälder an einem Ort, der Ascae genannt wird. In Wiebelskirchen (Uubileschiricha; Uu=W)
die zu denselben Höfen gehörenden Wiesen, Weiden, Weiher und Wasserläufe.
Ich habe gebeten, diese Urkunde anzufertigen, damit du, Abt Sturmius und deine Nachfolger, das oben beschriebene Gut haben, halten, besitzen und darüber freie und feste Verfügungsgewalt haben sollen, was ihr auch künftig damit anfangen wollt. Wenn aber, was ich nicht glaube, dass es geschehen werde, ich selbst oder einer meiner Erben oder Nacherben oder irgendeine andere Person gegen diese Urkunde angehen oder sie zu vernichten versuchen sollte, soll er sich den Zorn der Dreifaltigkeit zuziehen und vor dem Richterstuhl Christi Rechenschaft ablegen.
Geschehen öffentlich in der Stadt Worms an den 5. Iden des Mai im 14. Jahre der Regierung
unseres glorreichen Herrn und König Pippin.
Handzeichen des Eggiolt, der gebeten hat, diese Urkunde zu errichten.
Weitere Handzeichen: Antoin, Adalfridi, Hruoltfridi, Gummundie, Reginfridi, Adalmanni und
Nordmanni.
Ich Hiaelo, Priester und öffentlicher Schreiber, habe diese Schenkungsurkunde auf Bitten
des Eggioldi geschrieben.“
Das Kloster Fulda, dem mit dieser Urkunde eine Schenkung gemacht wurde, ist im Jahre 744 auf Initiative von Bonifatius (dem Organisator der Kirche in Deutschland), durch seinen Schüler Sturmius als Benediktinerabtei gegründet worden. Sturmius wurde auch der erste Abt. Das Kloster wurde bald durch viele ähnliche Schenkungen eines der reichsten Klöster in Deutschland und ein Sitz großer Gelehrsamkeit.
Die ältesten Urkunden des Klosters sind nicht mehr erhalten. Doch der Abt Hrabanus Maurus ließ im 3. und 4. Jahrzehnt des 9. Jahrhunderts ein Kartular (Abschriftensammlung) von 200 Urkunden anlegen. Auch diese Sammlung ist leider zum größten Teil verloren gegangen.
Doch bietet ein Auszug, den im 12. Jahrhundert ein Fuldarer Mönch namens Eberhard anfertigte, noch einen vollständigen Überblick über ihren Inhalt. Der erhalten gebliebene Teil der Urkundensammlung des Abtes Hrabunus Maurus ist wohl im Jahr 828 angelegt worden und enthält glücklicherweise unsere Urkunde. Die Abbildung zeigt die Seite 40 des Katulars mit unserer Wiebelskircher Urkunde. Diese ist außerdem in dem sogenannten Codex Eberhardi, einer von dem schon oben genannten Mönch in der Mitte des 12. Jahrhunderts angelegten Sammlung von Fuldaer Klosterurkunden enthalten. Der Codex ist eine hübsche Handschrift, mit Initialien, Miniaturen und Zierleisten geschmückt.
Erstmals wurde der Text unserer Urkunde von E.F.J. Dronke 1850 in seinem Werk „Codex diplomaticus Fuldensis“ veröffentlicht. Aber in diesem Werk ist die Urkunde unrichtig datiert und es ist von zwei Höfen in den Orten Ascae und Wibilischiricha die Rede. Der Saarbrücker Rektor Jungk gibt ihren Inhalt in seinen „Regesten zur Geschichte der ehemaligen Nassau-Saarbrückischen Lande“ 1914 noch genauer an:
767, Mai 11, Worms. Eggiolt aus Worms schenkt dem Kloster Fulda u.a.: Asce und Wibilischiricha.
Falsch daran ist das Datum, falsch ist die Schreibweise der Ortsnamen und falsch ist der Inhalt der Schenkung angegeben, falsch ist auch die Angabe, dass Eggiolt aus Worms stammte. Nur die Urkunde ist in Worms errichtet, weil dort der Sitz des öffentlichen Schreibers war.
Aber zunächst das Datum. Es ist in der Urkunde wie folgt angegeben:
„Actum Uuangiona civitate publice sub die V.idus mai anno XIII. regnate domino
nostro Pippino gloriosissimo rege.“ Das heißt also:
„Öffentlich beurkundet in der Stadt Worms an den 5. Iden des Mai im 14. Jahre
der Regierung unseren glorreichen Herrn und Königs Pippin.“
Dieses Datum hat Hoppstädter im Heimatbuch Wiebelskirchen 1955 erstmals im Gegensatz zu Dronke und Jungk nicht mit 767, sondern mit 765 angegeben.
Wie kam er dazu?
Hier muss zunächst etwas über die politischen Verhältnisse im Frankenreich zu dieser Zeit gesagt werden.
Die Könige des Fränkischen Reiches aus dem Geschlecht der Merowinger waren im 7. und 8. Jahrhundert immer schwächer geworden. Die eigentliche Regierungsgewalt ging auf die obersten Beamten, die sogenannten Hausmeier, über. Die Hausmeierwürde wurde schließlich im Geschlecht der Arnulfinger, die man später Karolinger nannte, erblich.
Im 8. Jahrhundert hatte diese Würde Pippin inne, später „der Kleine“ genannt, der Vater Karls des Großen.
Er strebte die Königswürde an und er ließ dem Papst in Rom die Frage vorlegen:
„betreffs der Könige im Frankenland, die damals nicht die königliche Gewalt besaßen,
ob das gut sei oder nicht."
Der Papst antwortete:
„es sei besser, dass derjenige König heiße, der die Gewalt habe, als der, dem keine königliche Gewalt verblieben sei.“
Und er gab Weisung, Pippin zum König zu erheben. Daraufhin schickte Pippin den letzten Merowinger König Childerich in ein Kloster und ließ sich von seinem Heer im Herbst 751 auf der Ebene von Soissons zum König wählen. Anschließend wurde er von Bonifatius, dem päpstlichen Legaten für Deutschland, im Auftrag des Papstes gesalbt. Als im Frühjahr 754 der Papst um Hilfe gegen die Langobarden in Norditalien bat, salbte er ihn, seine Gemahlin und seine Söhne noch einmal.
Dronke und ihm folgend Jungk haben das 14. Jahr der Regierung des Königs Pippin von der päpstlichen Salbung im Frühjahr 754 an gerechnet.
Hoppstädter sagte sich aber, dass
Pippin ja bereits im Herbst 751 zum König gewählt und von Bonifatius gesalbt worden war.
man in einer Urkunde für das Bonifatiuskloster Fulda unter gar keinen Umständen die Salbung und damit die kirchliche Anerkennung der Königswürde durch Bonifatius ignoriert hat,
Pippin bereits seit Herbst 751 als König handelte und auftrat, also regierte. So ergibt sich 765 als 14. Jahr der Regierung Pippins.
Inzwischen ist diese Errechnung des Datums auch bestätigt worden. In einer neueren Veröffentlichung von E. E. Stengel, Urkundenbuch des Klosters Fulda, 1. Band: Die Zeit der Äbte Sturmius und Baugulf (Veröffentlichung der historischen Kommission für Hessen und Waldeck X, 1- Marburg 1958), einer sehr sorgfältigen und gegenüber Dronke revidierten Ausgabe der ältesten Fuldaer Urkunden, ist als das Datum der Ausstellung unserer Urkunde der 11. Mai 765 errechnet worden. Es bleibt also bei diesem Datum der Ersterwähnung von Wiebelskirchen.
Wenn früher einige Forscher rein gefühlsmäßig bezweifelten, dass mit dem Wibileschiricha aus der Urkunde unser Wiebelskirchen gemeint sei, so braucht man hier kein Wort mehr darüber zu verlieren. Mit solchen unberechtigten Zweifeln hatte sich schon Kurt Hoppstädter im Heimatbuch von Wiebelskirchen auseinander gesetzt. Darüber gibt es keine Meinungsverschiedenheit mehr. Auch der Ort Buchsolare, bzw. Buchrol, aus der Urkunde ist eindeutig als der Ort Boßweiler bei Frankenthal erkannt worden. Nur darüber wo Ascae, also Esch, gelegen hat, besteht keine Klarheit. Es steht noch nicht einmal eindeutig fest, ob eine Siedlung damit gemeint ist, oder ob es sich nur um einen Flurnamen gehandelt hat.
Etwas, was im Heimatbuch nach Dronkes Veröffentlichung angegeben wurde, muss nachträglich berichtigt werden:
Es handelt sich weder um die ganzen Orte Esch und Wiebelskirchen, die Gegenstand der Schenkung sind, noch um zwei Höfe in diesen Orten, sondern um „Wiesen, Weiden, Weiher und Wasserläufe“ in Wiebelskirchen, die zu zwei Höfen in Boßweiler gehörten.
Der Besitzer dieser Güter, der in der Urkunde als Eggiolt, Aggioldus und Aggioldi genannt wird, erscheint auch in anderen Fuldarer Klosterurkunden als Agiololfus, Egelolt, Agislo, Aggioldus, Egilof, Engilof mit Besitzungen nicht alleine im Wormsgau, sondern auch mit Besitzungen im Maingau, Rheinfranken, Ostfranken, Hessen und vermutlich auch in Lothringen.
Aber das ist für uns an dieser Stelle unwesentlich. Wichtig ist nur, dass tatsächlich Wiebelskirchen als einer der erstgenannten saarländischen Orte im Jahre 765 zum ersten Mal urkundlich nachgewiesen werden kann, und dass wir mit vollem Recht in diesem Jahr die 1250–Jahrfeier unserer Gemeinde begehen können.
Wiebelskirchen ist schon lange vor der Ersterwähnung entstanden, wahrscheinlich im 6. Jahrhundert. Unser Ort war aber schon in vorchristlicher Zeit besiedelt. Das belegen Funde von geschliffenen Steinbeilen aus der jüngeren Steinzeit zwischen 5000 und 2000 v. Chr. Nachdem in der älteren Eisenzeit zwischen 1200 und 500 v. Chr. die Kelten in unserem Raum eingewandert waren, kam dieser etwa 50 v. Chr. unter die Herrschaft der Römer. Damals existierte schon ein Höhenweg aus vorrömischer Zeit auf unserem Bann, der vom Hochwald nach Lothringen führte. Von den Römern zur „Römerstraße“ ausgebaut, verlief diese von Stennweiler kommend durch die heutige Römerstraße und Wibilostraße und überquerte an der heutigen Seitersbrücke die Blies. Von hier aus führte sie weiter durch die untere Kuchenbergstraße und die Bexbacher Straße zum Wasserberg und nach Höchen. Der Verlauf der Römerstraße hat die Lage der sich später bildenden Siedlung maßgeblich bestimmt.
Westlich von Frankenholz fand man an dieser Straße einen römischen Viergötterstein von einer Jupiter-Gigantensäule, der im Volksmund als „Steinerner Mann“ bezeichnet wurde.
1949 wurden bei Ausschachtungsarbeiten am Lehweg zwei Brandgräber entdeckt. In dem ersten Grab aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. fand man einige römische Gefäße mit ausgeglühten menschlichen Knochenresten, ein eisernes Küchenmesser und eine angeschmolzene bronzene Gewandnadel. Das zweite Grab enthielt auch Eisenschlacken. Gefäßreste ermöglichten es, das Grab in das 3. Jahrhundert zu datieren. Die Schlacken erlauben den Schluss, dass in nächster Umgebung eine römische Eisenverhüttung vorhanden war. Der dort in der Nähe vorkommende Gewannname „Bei Sophienhütt“ könnte draufhin deuten.
Die Heimatforscher Kurt Hoppstädter und Karl Stumm legten 1954 bei den Ausgrabungen am Käsbrunnen eine „Villa Rustika“ aus der Römerzeit frei. Auch bei der Grabungen am Kirchberg wurde 1981 ein Keller eines größeren römischen Gebäudes freigelegt.
Nachdem die Römer unser Gebiet verlassen hatten, und etwa um 500 n. Chr. die Franken nach ihrem Sieg über die Alemannen an ihre Stelle traten, begann im 6. Jahrhundert eine Zeit verstärkter Christianisierung und damit der Bau von Kirchen. Sie bildeten in vielen Fällen den Mittelpunkt sich entwickelnder dörflicher Siedlungen.
In diese frühe fränkische Zeit fällt auch die erste urkundliche Erwähnung von Wiebelskirchen.
Wiebelskirchen soll einem vornehmen und begüterten Franken namens Wibilo gehört haben, der auf seinem Besitz eine Eigen-Kirche erbauen ließ: Wibilischiricha und heute Wiebelskirchen genannt. Möglicherweise war der in der Urkunde erwähnte Egiolt ein Nachfahre des Wibilo.
Eine weitere Urkunde aus dem Jahr 893 bezeichnet das Chorherrenstift Neumünster als bei Wibilischiricha gelegen. Wiebelskirchen muss damals ein bedeutender Ort im Bliestal gewesen sein.
Die nächste urkundliche Erwähnung unseres Ortes findet sich für das Jahr 1005. Nachdem 1003 aus dem Chorherrenstift Neumünster eine Benediktinerinnen- Abtei geworden war, bestätigt diese Urkunde Besitzungen des Klosters in Wiebelskirchen. Während der mittelalterlichen Ausbauzeit vom 10. zum 11. Jahrhundert suchten Jungbauern aus der wachsenden Bevölkerung Wiebelskirchens neuen Lebensraum. Die Ortschaft Neukirchen (Neunkirchen) wurde gegründet. In diese Zeit fällt auch die Erbauung der ausgegrabenen Kirche am Kirchberg.
Danach ist über die Kirche des Ortes lange Zeit nichts mehr bekannt. Ob die 1349 in ganz Europa wütende Pest auch Wiebelskirchen heimgesucht hat, ist heute nicht mehr festzustellen.
Aus dem Jahr 1369 datiert die nächste urkundliche Erwähnung. Die Äbtissin Mechtildis aus Neumünster schlug dem Archidiakon von Saarburg den Presbyter Johannes von Neumünster als Nachfolger des verstorbenen Rektors der Pfarrkirche zu Wiebelskirchen als Pfarrer vor. Diese Urkunde lässt erkennen, dass die Abtei seit langer Zeit das Patronatsrecht und das Präsentationsrecht für diesen Ort besaß. Zum ersten Mal wird eine Kapelle am Standort der heutigen evangelischen Kirche erwähnt.
1381 bekundet Lamprecht Strauff von Kastel, dass Graf Johann II. seinem Vater das Dorf Ostern - ging in Wiebelskirchen auf - mit Leuten und allem Zubehör um 400 Pfund kleiner schwarzer Turnosen (Münzfuß von Tours in Frankreich) verpfändet gehabt habe.
Um 1450 wurde ein Turm an die Kirche im Dorf angebaut. Wie sich erst vor kurzem herausgestellt hat, ist die Wand des Turmes zur Kirche aber älter als der Turm selbst. Sie stammt vermutlich aus dem 13. oder 14. Jahrhundert und hat mit Sicherheit etwas mit der 1369 erwähnten Kapelle zu tun.
Erstmals wird 1490 der Baltersbacher Hof urkundlich erwähnt.
Johannes, Eisenschmit von Lothringen, macht 1514 eine Eingabe an den Grafen Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken betreffend Pacht der Eisenschmiede in Wiebelskirchen. Weitere Urkunden betreffend der Eisenschmiede in Wiebelskirchen aus den Jahren 1520, 1524 und 1535 beziehen sich auf den Pächter Heinrich von Wannen.
Ob die ländliche Bevölkerung in den Bauernkrieg von 1525 verwickelt war, ist nicht bekannt.
Zu dieser Zeit wird „Harigs Haus“ erbaut (siehe Artikel: Die Geschichte des Hauses Harig.)
Die ersten Angaben über die Bevölkerungszahl von Wiebelskirchen liegen für das Jahr 1549 vor. Danach sollen 41 Haushaltungen existiert haben. Im Jahr 1572 wurden noch 39 Haushalte gezählt.
Im Zuge der Reformation wurde die Grafschaft Nassau-Saarbrücken und damit auch Wiebelskirchen mit seinen Filialgemeinden Neunkirchen und Spiesen im Jahr 1575 lutherisch.
Am 23. Mai 1590 brannte Wiebelskirchen. Auch der Baltersbacher-Hof stand in Flammen. Ob die ihm benachbarte Kirche am Kirchberg bereits bei diesem Brand zerstört worden war, oder ob sie erst den Wirren des 30-jährigen Krieges zum Opfer fiel, ist ungeklärt.
Vor Beginn des 30-jährigen Krieges zählte unsere Ortschaft im Jahre 1611 noch 30 Haushaltungen. 1634 fanden sich sogar 44 Haushaltungen. Bis zu dieser Zeit war Wiebelskirchen vom Kriegsgeschehen verschont geblieben. Im Schicksalsjahr 1635 wurden Wiebelskirchen und Neunkirchen mit seinen 1593 gegründeten Eisenhütten von den kaiserlichen Truppen unter General Gallas fast vollständig verwüstet. In Wiebelskirchen haben nur noch vier Familien überlebt. Nach Beendigung des Krieges im Westfälischen Frieden 1648 wuchs der Ort bis zum Jahr 1665 wieder auf 16 Haushaltungen an.
Aber bereits im Jahre 1672 hatte Wiebelskirchen erneut unter Truppendurchzügen und Einquatierungen durch französische Soldaten zu leiden, die in den Krieg gegen Holland zogen. Im ersten Reichskrieg Ludwigs XIV. gegen Deutschland wurden 1677 auch die Gemeinden Wiebelskirchen, Neunkirchen und Wellesweiler entsprechend einem Plan des Kriegsministers Louvois niedergebrannt, der die dem Rhein zunächst gelegenen, nicht französischen Gebiete zerstören wollte. Aus einer Landbeschreibung französischer Beamter des Amtes Ottweiler aus dem Jahr 1684 geht hervor, dass Wiebelskirchen 1677 vor dem Brand 30 Familien zählte, danach auf 9 Haushalte zurückging und 1684 von 21 Familien besiedelt war.
Im Zuge der Reunion mit Frankreich stand von 1680 bis 1697 die Grafschaft Nassau-Saarbrücken mit Ottweiler unter französischer Verwaltung, die dann im Frieden von Rijswijk beendet wurde.
Um 1690 werden die Dörfer Münchwies und Hangard auf Wiebelskircher Bann durch die Franzosen gegründet.
Im Jahre 1701 zählt Wiebelskirchen 28 Haushalte, 1707 sind es 29 Haushalte mit insgesamt 209 Personen und 1726 leben 37 Familien in dem Ort. Obwohl in diesem Zeitraum Truppendurchzüge während des Spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714), mehrere aufeinanderfolgende Missernten und Truppendurchzüge französischer Soldaten im Polnischen Erbfolgekrieg (1733-1738) zu verzeichnen waren, stieg die Bevölkerungszahl an. 1741 wurden dann 58 Haushaltungen gezählt.
Nach Frankreichs Revolution lag Wiebelskirchen im Ersten Koalitionskrieg längere Zeit im Kampfgebiet.
1793 war das evangelische Pfarrhaus („Die Burg“) preußisch-sächsisches Hauptquartier und Sitz der Generäle von Kalckreuth und von Knobelsdorff. Generalmajor Prinz Friedrich Ferdinand Constantin von Sachsen Weimar-Eisenach, ein jüngerer Bruder von Carl-August dem Starken, starb am 06.09.1793 in einem Lazarett in Wiebelskirchen an Typhus. Constantins Grabstätte befindet sich in der Georgenkirche in Eisenach.
Im folgenden Separatfrieden zu Basel 1795 wurde dann das linke Rheinland an Frankreich abgetreten und somit gehörte auch Wiebelskirchen 1814 zum französischen Saardepartement. Im Jahr 1802 war der Ort von 795 Menschen bewohnt. Noch während der Freiheitskriege kam die Gegend um Wiebelskirchen unter die Verwaltung einer österreichisch-bayrischen Landes-Administrations-Kommision, bis dann 1816 nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses das Gebiet ans Preußen fiel. Die Einwohnerzahl war im Jahr 1815 auf 656 gesunken, stieg dann bis 1820 bis auf 859, um dann bis 1828 die Zahl 1268 zu erreichen.
1831 wurde die letzte Bestattung auf dem Friedhof „Am Kirchberg“ verzeichnet.
Ab 1832 wurde auf dem neuen Friedhof „Auf dem Breitenfeld“ beerdigt.
Im Sommer 1848 treffen sich Wiebelskircher und Ottweiler „Freischaren“ am Leimersbrunnen auf dem Steinbacherberg unter dem Kommando des Ottweiler Bürgers „Ruß“ zu einer „großen militärischen Übung“.
Im November 1895 wurde die Gemeinde Wiebelskirchen selbstständige Bürgermeisterei. Das Rathaus war zuerst im „Bolzchen Hause“ in der Wilhelmstraße 37 (heute Kuchenbergstraße 77) untergebracht. Am 01.07.1896 wurde dann das von der Gemeinde erbaute Rathaus in der Brückenstraße (heute Wibilostraße) bezogen. Der erste Bürgermeister der Bürgermeisterei Wiebelskirchen war Herrmann Offermann (von 1895 bis 1928).
Im Jahre 1902 errichtete die Gemeinde ein Gaswerk am Ende der Luisenstraße (heute Schillerstraße).
Die neue Straßenbahn von Neunkirchen nach Wiebelskirchen mit dem Endhaltepunkt am Hangarder Weg wird am 13.09.1907 eingeweiht und ihrer Bestimmung übergeben.
Eröffnung der Haltestelle Wiebelskirchen der Staatsbahn am 07. Oktober 1928 als letzter Bahnhof der Strecke.
Bürgermeister Offermann stirbt am 15.03.1935 mit 70 Jahren in Wiesbaden.
Das erst 1902 neu erbaute Gaswerk wird 1936 stillgelegt. Die Gemeinde bezieht jetzt ihr Gas von der Saar-Ferngas A.G.
Der älteste Sänger des Deutschen Reiches, Jakob Schild, genannt „Friehe Jääb“, feiert am 17.06.1938 seinen 90. Geburtstag.
Nach dem Zweiten Weltkrieg trat am 21.02.1947 eine neue Gemeindeordnung in Kraft. Nunmehr hatte jede Gemeinde neben dem Gemeinderat einen eigenen Bürgermeister.
Da Wiebelskirchen neben Riegelsberg im Saarland und weit darüber hinaus der einzige Ort mit mehr als 10.000 Einwohnern war, der kein Wappen besaß, beschloss der Gemeinderat in seiner Sitzung am 10. Januar 1952 einstimmig die Einführung eines Gemeindewappens. Unser Heimatforscher Kurt Hoppstädter, der auch Heraldiker war, wurde damit beauftragt, ein Wappen zu schaffen. Es beschreibt sich wie folgt:
In Schwarz ein goldener Zickzackbalken in Form des Buchstabens „W“, besteckt mit einem goldenen Kreuz (Farben: Schwarz/Gelb)
Der kreuzbesteckte Zickzackbalken symbolisiert den Ortsnamen, der aus der bereits 765 erwähnten „Kirche des Wibilo“ entstanden ist, während die Farben auf den ortsansässigen Bergbau und den dadurch erlangten Wohlstand deuten.
Die Verleihung der Urkunde durch den saarländischen Innenminister erfolgte am 26. Oktober 1954.
Am 11. Mai 1954 wird der Straßenbahnbetrieb von Neunkirchen nach Wiebelskirchen eingestellt. Von nun ab werden Trolleybuse (Oberleitungsbusse) eingesetzt.
Bei Ausgrabungen auf dem Gelände des Bergmannes Jakob Forst „Am Käsbrunnen“ legten Kurt Hoppstädter und Karl Stumm eine römische Villa frei.
1955 begann man mit der Errichtung eines neuen Feuerwehrgerätehauses an der Goethestraße (heute Eichendorffstraße) und mit dem Bau eines Schwimmbades.
Die Gemeinde feiert ihr erstes Heimatfest nach dem Krieg.
1956 werden neue Baugelände auf dem Labenacker, der verlängerten Bergstraße (heute Wilhelm-Heinrich-Str.) und Robert-Koch-Straße erschlossen. Aufgrund des frostigen Winters gefrieren Blies und Oster auf der ganzen Länge zu. Es bildet sich eine Eisdecke von 30 cm Dicke.
Im Zuge des sozialen Wohnungsbaues wurden 1957 in der Straße „Am Kuchenberg“ (heute Teil der Wilhelm-Heinrich-Straße) 4 Wohnblocks mit zwölf Wohnungen fertiggestellt. Die Kosten beliefen sich auf 18 Mio. Franken.
1958. Das Gelände hinter dem ehemaligen Rathaus an der Freibach wird als Park angelegt, und auf dem Gelände hinter dem Gasthaus Adler wird ein Festplatz hergerichtet. Der TuS Wiebelskirchen erweitert den Sportplatz „Auf den Rösen“, und ein neues Baugelände auf dem Rothenberg wird erschlossen.
Die neue Freiherr-vom-Stein-Schule auf dem Breitenfeld wird eingeweiht.
1959 findet die Kirmes erstmals auf dem neu angelegten Festplatz statt. Das alte Feuerwehrgerätehaus zwischen Rathaus und Dorfer Schulhaus wird abgerissen und mit den Arbeiten am Rathauserweiterungsbau wird begonnen. Es wird mit dem Bau einer chemisch-biologischen Kläranlage in der „Großwies“ begonnen. Die Kosten dafür belaufen sich auf etwa 60 000 000 Franken.
1960 wird das Baugelände Tränkenweg erschlossen und mit der Errichtung eines gemeindeeigenen Kindergartens an der Goethestraße begonnen.
1961 beginnt die Erschließung von Baugelände am Enkerberg.
1963 steht die Schließung der Grube Kohlwald im Raum.
Fahrt des letzten Trolleybuses. Es werden nur noch Omnibusse eingesetzt.
Die Gemeinde begeht 1965 die 1200-Jahrfeier. Ein Brunnen vor dem Ehrenmal wird erstellt und eine Gedenkmünze aus Gold geprägt. Es findet ein großer Umzug mit vielen schön geschmückten Wagen statt.
Die Gemeindewerke erhalten ein neues Verwaltungsgebäude gegenüber dem Feuerwehrgerätehaus.
Weitere Erschließungen auf „Stälingswies“, „Am Brühlgraben“ und “Am Kallenberg“.
Die Schillerschule wird 1966 eingeweiht.
Amtsvorsteher Walter Werner stirbt im Alter von 57 Jahren am 14.05.1967
1968 beginnt die Gemeinde Grundstücke zur Errichtung des Industriegebietes „In der Vogelsbach“ zu erwerben.
Die Schwesternstation in der Bahnhofstraße (Keplerstraße) erhält den Namen „Haus der Gesundheit“.
1970 wird mit dem Bau einer Sporthalle in der Ohlenbach begonnen.
Der Bau einer Privatschule (Maximilian-Kolbe-Schule) an der Hochstraße (Prälat-Schütz-Straße) wird beschlossen.
Überraschend stirbt am 04.06.1971 im Alter von nur 56 Jahren Wiebelskirchens Amtsvorsteher Hans Becker.
1972 wird eine Befragung der Bevölkerung zur Gebiets- und Verwaltungsreform durchgeführt. Zu entscheiden war, ob eine Einheitsgemeinde mit den Gemeinden Hangard, Münchwies, Fürth und Lautenbach gebildet werden solle, oder ob der Zusammenschluss mit der Stadt Neunkirchen gewünscht werde. Die Wahlbeteiligung betrug 77,25%. Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung von 97,2% stimmte für eine Einheitsgemeinde. Nur 2,68% sprachen sich für einen Zusammenschluss mit Neunkirchen aus.
Die Turnhalle des TuS Wiebelskirchen wird zu einem Kulturhaus umgebaut.
Trotz der Abstimmung für eine Einheitsgemeinde wurde die Gebiets- und Verwaltungsreform durchgesetzt und der bis dato selbstständige Amtsbezirk mit der Bürgermeisterei Wiebelskirchen mit Wirkung vom 31.12.1973 aufgelöst. Wiebelskirchen, Hangard und Münchwies fielen zu Neunkirchen, Fürth und Lautenbach an Ottweiler. Am Tage des Zusammenschlusses waren in Wiebelskirchen alle Straßen ausgebaut und mit der notwendigen elektrischen Straßenbeleuchtung ausgestattet.
Der Heimat und Kulturverein Wiebelskirchen e.V. wird 1975 gegründet.
1978 beginnt die Grabung am Kirchberg mit dem Fund eines Steinsarges.
1980 wird das Dorfer Schulhaus geschlossen und zum Wibilohaus umgestaltet. Es wird mit der Neugestaltung der Dorfmitte begonnen. Im Zuge dessen werden mehrere Häuser abgerissen.
Ab dem Frühjahr 1982 beginnen die Bauarbeiten für insgesamt 51 Häuser im neuen Wohngebiet „Auf Arlers“.
Auch das ehemalige Rathaus wird 1983 abgerissen.
Der Heimat und Kulturverein Wiebelskirchen eröffnet 1984 ein Museum in der Martin-Luther-Straße 27 in „Kümmels“ Haus.
Der Allenfeldschacht wir abgerissen.
Große Aufregung in Wiebelskirchen! Im September 1987 besucht der Staatsratsvorsitzende der DDR, Erich Honecker, seinen Heimatort. Er trifft sich mit seiner Schwester Gertrud Hoppstädter in ihrem Elternhaus zum Kaffeetrinken und besucht das Grab seiner Eltern auf dem Wiebelskircher Friedhof.
1991 war die Sporthalle in der Ohlenbach nach 20 Jahren schon so marode, dass sie abgerissen werden musste.
Zwei Jahre später wurde der Neubau der Halle eingeweiht. Im Juni findet das erste Dorffest statt.
Ein „Jahrhunderthochwasser“ überschwemmt im Dezember 1993 große Teile des Ortes. Es wird über einen besseren Hochwasserschutz diskutiert. So ein Hochwasser würde es in den nächsten 50 Jahren nicht mehr geben, hieß es. Schon gut ein Jahr später waren die „50 Jahre“ vorüber und das nächste „Jahrhunderthochwasser“ hatte Wiebelskirchen heimgesucht.
Wiebelskirchens berühmtester Sohn Erich Honecker stirbt am 29.05.1994 mit 81 Jahren in Santiago de Chile.
Wieder verändert ein Teil der Ortsmitte sein Gesicht. Im Juli 2007 wird „Schmalzichs“ Haus oder auch „Klein-Neckermann“ abgerissen. Hier entsteht der neue Pustkuchenplatz mit dem Denkmal des Pfarrers Johann Friedrich Wilhem Pustkuchen. Dieser war von 1831 bis 1834 hier in Wiebelskirchen Pfarrer und Arzt.
In seinen neuen Räumen im Wibilohaus eröffnet der Heimat- und Kulturverein Wiebelskirchen 2004 ein neues Museum. Das Museum in „Kümmels Haus“ wurde geschlossen.
Am 01.09.2009 wird der Pustkuchenplatz offiziell eingeweiht. Das Gebäude der Feuerwehr wird aufwendig renoviert und der Schlauchturm wird abgerissen.
Der Sportplatz des TuS Wiebelskirchen „Auf den Rösen“ erhält einen Kunstrasenplatz und eine neue, vierbahnige Laufbahn aus Kunststoff. Die Einweihung findet am 20.08.2010 statt.
Das neu gestaltete Wiebelskircher Schwimmbad wird am 11.05.2011 nach einem Wettschwimmen des Ortsvorstehers von Wiebelskirchen gegen den Bürgermeister von Neunkirchen seiner Bestimmung übergeben. Es wurde ein neues Becken aus Edelstahl eingebaut, außerdem ein neues Nichtschwimmerbecken, eine neue Rutsche, ein Sprungturm, ein Kletternetz, eine Wasserglocke und eine Sprudelliege.
Am 28.02.2011 stirbt der älteste Wiebelskircher Hans Schonard im Alter von fast 106 Jahren.
„Harigs Haus“ wird im Frühjahr 2013 vom Denkmalamt erforscht. Dabei stellt sich heraus, dass es sich um den ältesten Profanbau im Landkreis und um eines der ältesten Häuser im Saarland handelt. Die Ursprünge gehen etwa auf das Jahr 1525 zurück.
Aufgrund der Initiative der beiden Wiebelskircher Heimatforscher Norbert Hell und Olaf Schuler ergab sich im Juli 2014 noch ein sensationelles Untersuchungsergebniss der Kirchberggrabung. Sie ließen die beiden Schädelkalotten des Zwillingsgrabes daß unter den Grundmauern der alten Kirche in einem gekürzten Steinsarg gefunden wurde, im Klaus-Tschira-Archäometrie-Zentrum an der Univerität Heidelberg untersuchen. Es stellte sich heraus, daß die Kleinkinder um etwa 640 n.Chr. verstorben sind. Also noch 125 Jahre vor der Ersterwähnung unseres Ortes. Im Sommer 2015 findet zur weiteren Untersuchung eine Nachgrabung am Kirchberg statt.
2015 begeht Wiebelskirchen die 1250-Jahr-Feier.
Olaf Schuler, 2014